Historischer Hintergrund zu unserem neuen Roman

Historischer Hintergrund zu unserem neuen Roman

Für unseren neuen Roman Immer ein Licht am Horizont – Unter dem Feuerhimmel haben wir ausführlich recherchiert, uns mit vielen Fachleuten unterhalten und Orte wie das Zentrum für Flucht, Vertreibung und Versöhnung in Berlin besucht. Solltet ihr in Berlin sein, schaut dort einmal vorbei. Die Ausstellung ist sehr lebensnah und anschaulich. Wir haben jede Menge gelernt.
Den historischen Hintergrund unserer Geschichte haben wir im Nachwort unseres Romans zusammengefasst und stellen ihn nun auch für euch auf unserer Homepage zur Verfügung.

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Immer ein Licht am Horizont – Unter den Feuerhimmel
Historische Hintergrundinformationen

Die Schlacht um Stalingrad vom 23. August 1942 bis zum 2. Februar 1943 gilt als militärischer Wendepunkt im Krieg Deutschlands gegen die Sowjetunion. Sie endete mit der vernichtenden Niederlage der eingekesselten deutschen, rumänischen und italienischen Verbände und der Kapitulation von General der Infanterie Karl Strecker. Generaloberst Walter Heitz und Generalfeldmarschall Friedrich Wilhelm Ernst Paulus kapitulierten bereits am 31. Januar 1943.

Kurz nach der Niederlage proklamierte Joseph Goebbels am 18. Februar 1943 in seiner Rede im Berliner Sportpalast den »totalen Krieg«, doch nach Stalingrad verlor die Wehrmacht ihren Nimbus der Unbesiegbarkeit auch innerhalb der deutschen Bevölkerung. Obwohl die Wehrmacht zwei Drittel ihrer gesamten Kräfte gegen die Rote Armee einsetzte, übernahm diese nun die Initiative auf dem deutsch-sowjetischen Kriegsschauplatz.

Im Sommer 1943 erfolgte mit dem Unternehmen Zitadelle die letzte Großoffensive der Deutschen Wehrmacht. Der Angriff auf den sowjetischen Frontbogen bei Kursk, der als die bisher größte Land- und Panzerschlacht der Geschichte gilt, wurde jedoch abgebrochen. Quellen vermuten ursächlich sowohl die Invasion der Alliierten in Süditalien als auch weitere sowjetische Durchbrüche an anderen Frontabschnitten. Beides erforderte umfangreiche Truppenverlegungen. Stalingrad und der Verlauf des Unternehmens Zitadelle trugen dazu bei, den Glauben der erschöpften deutschen Soldaten an den Sieg in diesem Krieg zu erschüttern. Ihre Stimmung teilte sich über Feldpostbriefe und Fronturlaube auch der deutschen Zivilbevölkerung mit, die ihrerseits unter verstärkten Luftangriffen der Alliierten auf deutsche Städte und Ballungsgebiete wie beispielsweise Hamburg, das Ruhrgebiet, Köln, München, Berlin oder Stuttgart litt.

Am 24. Dezember 1943 begann die Rote Armee bei Kiew gegen die Heeresgruppe Süd ihre Winteroffensive und überschritt Anfang 1944 die ehemalige polnische Zwischenkriegsgrenze in der Nordwest-Ukraine, ungefähr vierhundert Kilometer westlich von Kiew. Die Heeresgruppe Nord musste der Roten Armee zweihundert Kilometer Richtung Westen bis an die Grenzen des Baltikums weichen.

Am 22. Juni 1944, etwas mehr als zwei Wochen nach der Landung der Amerikaner und Briten in der Normandie, leitete die Sowjetunion mit der Operation Bagration in Belarus eine weitere Großoffensive ein, bei der die bereits stark geschwächte Heeresgruppe Mitte eingekesselt und zerschlagen wurde. Die Kapitulation der Heeresgruppe am 29. Juni 1944 machte der Roten Armee den Weg nach Warschau frei und ermöglichte ihr Vorrücken an die Grenze Ostpreußens. Mitte Oktober 1944 kesselte sie 500.000 Soldaten der Heeresgruppe Nord in Kurland im westlichen Lettland ein, und in Ostpreußen verschob sich der Krieg bei Gumbinnen, Goldap und Nemmersdorf erstmals auf das Gebiet des Deutschen Reichs.

Ab diesem Zeitpunkt war eine vollkommene Niederlage Deutschlands unvermeidlich. Doch die Kampfhandlungen wurden fortgesetzt und lösten in der Endphase des Zweiten Weltkriegs die bisher größte bekannte Fluchtbewegung in der Geschichte der Menschheit aus. Die Schicksale, die die Menschen – großteils Frauen, Kinder und Alte, dabei erlitten, zeigen wir am Beispiel der Familie Lentz sowie weiterer Figuren im Roman.

Zu ersten Fluchtbewegungen im Osten des damaligen Deutschen Reichs kam es im Herbst 1944 im Memelland und im Samland. Zivile und militärische Behörden, ebenso Mütter mit kleinen Kindern wurden in westliche Gebiete Ostpreußens evakuiert. Diese Maßnahmen blieben jedoch die Ausnahme, da die Gauleiter der seinerzeitigen Ostgebiete den von Goebbels ausgerufenen »totalen Krieg« umsetzten und der Bevölkerung die Flucht verboten. Mit Ausnahme Ostpreußens entstanden zwar geheime Pläne und Anweisungen für den Fall der Räumung, diese erwiesen sich angesichts des schnellen russischen Vormarsches jedoch als unzulänglich. Gleichzeitig kam es im Laufe des Jahres 1944 zu einer sogenannten »stillen« Abwanderung, insbesondere vieler Evakuierter, die im Westen des Reichs beheimatet waren oder dort Verwandte besaßen.

Die massenhafte Flucht setzte im Januar 1945 unter enormen Gefahren, Strapazen und Gewalterfahrungen im außerordentlich kalten Winter 1945 ein. Die langsamen Trecks wurden häufig von der Roten Armee überrollt und vom weiteren Landweg abgeschnitten, bis als letzter Fluchtweg nur die noch weitgehend in deutscher Hand befindliche Ostsee blieb.

Ende Januar 1945 initiierte Admiral (ab 30. Januar 1945 Großadmiral) Karl Dönitz das »Unternehmen Hannibal«. Dieses war eine militärische Aktion der Kriegsmarine mit dem Ziel, Soldaten, Waffen, Fahrzeuge und Pferde aus dem Kurlandkessel, Ost- und Westpreußen sowie Pommern per Schiff in weiter westlich gelegene Häfen zu evakuieren. Auch Munition und Nachschub für die weiterhin kämpfenden Truppen wurde zurückgeholt. Zivilisten sollten nach Übereinkunft von Dönitz und Hitler nachrangig befördert, bzw. mit zivilen Schiffen evakuiert werden, die jedoch häufig ebenfalls für militärische Transporte eingesetzt wurden.

Das Unternehmen Hannibal begann am 23. Januar 1945 mit der Planung der Überführung der 2. U-Boot-Lehrdivision von Gotenhafen, heute Gdynia, nach Schleswig-Holstein. Dafür vorgesehen war der ehemalige Kraft-durch-Freude Dampfer Wilhelm Gustloff. Außerdem sollten auf dem Schiff Marinehelferinnen und Zivilisten transportiert werden. Historiker gehen davon aus, dass sich mehr als zehntausend Menschen auf der Wilhelm Gustloff befanden. Das völlig überladene Schiff verließ Gotenhafen am 30. Januar um ca. 13:10 Uhr. Gegen 21 Uhr wurde es von dem sowjetischen U-Boot S-13 unter seinem Kommandanten Alexander Iwanowitsch Marinesko entdeckt und torpediert. Nach drei Treffern sank die Wilhelm Gustloff gegen 22:15 vor der pommerschen Küste. Nur 1.239 Menschen überlebten das Unglück, welches bis heute als die größte Katastrophe eines einzelnen Schiffes in der Geschichte der Seefahrt gilt. Das Wrack liegt in polnischen Hoheitsgewässern ungefähr in Höhe der Stadt Ustka, damals Stolpmünde, und ist ein als Seekriegsgrab geschütztes Denkmal.

Kommandant Marinesko versenkte am 10. Februar 1945 in der Nähe der Untergangsstelle der Wilhelm Gustloff auch den mit über viertausend Personen beladenen Dampfer Steuben. Nur sechshundert Menschen überlebten. Obwohl er der erfolgreichste U-Boot Kommandant der Sowjetunion war, blieb Marinesko die Anerkennung zunächst verwehrt. Er wurde nach dem Krieg wegen disziplinarischer Probleme unehrenhaft aus der Marine entlassen und starb 1963 in Leningrad. Im Jahre 1990 wurde er von Michail Gorbatschow rehabilitiert, posthum zum Helden der Sowjetunion ernannt und ihm zu Ehren in Kaliningrad, dem früheren Königsberg, ein Ehrenmal aufgestellt.

Die Flüchtlings- und Verwundetentransporte führten die damaligen deutschen Ostseehäfen durch. Die weitaus meisten der Schiffe gingen von Danzig und Gotenhafen. Hauptziele waren Häfen in Schleswig-Holstein und das von den Deutschen besetzte Dänemark. Einen Landweg nach Westen gab es nicht mehr, so dass Flüchtlinge und verwundete Soldaten vom ostpreußischen Pillau bis Danzig und Gotenhafen verschifft und nach der Eroberung dieser beiden Städte auf die Halbinsel Hela in der Danziger Bucht gebracht wurden. Obwohl die Transporte bis zur Wirksamwerdung der Kapitulation am 9. Mai 1945 um 00:00 Uhr fortgesetzt wurden, befanden sich bei Kriegsende auf Hela nach Schätzung von Heinz SDchön in seinem Buch Ostsee ’45 noch 60.000 Soldaten und eine unbekannte Anzahl Flüchtlinge. Auf Wikipedia wird geschätzt, dass die Zahl der Menschen, die Ende April auf Hela und an der Weichselmündung festsaßen, bei 250.000 liegt. In der Chronik des Jahres 1945 über den Seekrieg auf der Ostsee gibt die Württembergische Landesbibliothek 161 Schiffsuntergänge von Januar bis zur Kapitulation im Mai 1945 an. Insgesamt wurden ungefähr zweieinhalb Millionen Menschen über die Ostsee evakuiert, ca. 37.000 verloren dabei ihr Leben.

Im August 1945 legten die Regierungschefs der drei Hauptalliierten auf der Potsdamer Konferenz die Oder-Neiße-Linie als Westgrenze Polens fest. Danach erfolgten sogenannte wilde Vertreibungen aus den ehemaligen deutschen Ostgebieten. Insgesamt waren ab Herbst 1944 bis in die 1950er Jahre 12 bis 14 Millionen Menschen von Flucht, Vertreibung und Aussiedlung aus diesen Gebieten betroffen. Wie viele dabei starben, ist nicht geklärt. Die Zahlen schwanken zwischen 400.000 und zwei Millionen.

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Unser neuer Roman über eine der erschütterndsten Zeiten der deutschen Geschichte

Ein Familienschicksal in den Wirren des Zweiten Weltkriegs

Thorn in Westpreußen im Januar 1945: Viel zu spät erhalten die Menschen die Erlaubnis, sich vor der unaufhaltsam heranrückenden Roten Armee in Sicherheit zu bringen. Auch Gisela Lentz macht sich mit ihren Schwiegereltern und vier Kindern Hals über Kopf auf den Weg. Sie wollen nach Gotenhafen, denn von dort sollen Schiffe die Menschen in den Westen des Reiches bringen. Es gelingt ihr, Plätze auf der Wilhelm Gustloff zu bekommen – dem Schiff der Hoffnung für Tausende.

Doch dann trifft Gisela im Chaos der schwer umkämpften Stadt eine Entscheidung mit unwiederbringlichen Folgen für das weitere Schicksal ihrer Familie.

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Denn die Hoffnung endet nie – Hintergrundinfos

Denn die Hoffnung endet nie – Hintergrundinfos

 

Denn die Hoffnung endet nie – historischer Hintergrund

Mit dem deutschen Überfall auf Polen begann am 1. September 1939 der Zweite Weltkrieg. Nach der Kapitulation Polens verleibten sich sowohl Hitler-Deutschland als auch Stalin Teile des Landes ein und Polen hörte als Staat auf, zu existieren.
Am 26. Oktober 1939 wurde mit den vier Regionen Krakau, Radom, Lublin und Warschau das »Generalgouvernement für die besetzten polnischen Gebiete« gebildet und unter deutsche Zivilverwaltung gestellt. Hauptstadt wurde Krakau. Warschau sollte großflächig zerstört und in eine »deutsche Provinzstadt« umgewandelt werden.
In den eroberten Gebieten Polens wurden die Reichsgaue Danzig-Westpreußen und Wartheland neu gegründet. Heinrich Himmler hielt 1942 eine Rede in der SS-Junkerschule Tölz, in der er diese Gebiete als »Zucht- und Pflanzgarten des germanischen Blutes« bezeichnete. Geplant war, innerhalb einer Dekade eine sogenannte Germanisierung durchzuführen. Im Zuge dessen wurden vor allem polnische Intellektuelle, Adelige und Juden direkt vor Ort oder nach ihrer Deportation ins Generalgouvernement bei Massenerschießungen und in Vernichtungslagern ermordet.
Direkt nach der Kapitulation Polens bildeten sich verschiedene polnische Widerstandsgruppen, aus denen sich 1942 die Armia Krajowa, die Polnische Heimatarmee, formierte. Diese hielt die Verbindung zur Exilregierung in London und plante den Warschauer Aufstand, der vom 1. August 1944 bis zum 2. Oktober 1944 dauerte. Rund 40.000 Soldatinnen und Soldaten der Armia Krajowa versuchten unter Führung von General Tadeusz Komorowski, Warschau aus eigener Kraft zu befreien. Nach erbittert geführten Häuserkämpfen brachten die polnischen Verbände in den ersten Tagen Teile der Stadt unter ihre Kontrolle, bevor die nach dem SS-Gruppenführer Heinz Reinefarth benannte Kampfgruppe Reinefarth die Oberhand gewann. Zu den Reinefarth unterstellten Einheiten gehörte auch das SS-Sonderregiment Dirlewanger, benannt nach dem u.a. wegen Unterschlagung und Landfriedensbruch vorbestraften SS-Oberführer Oskar Dirlewanger. Mit seiner Sturmbrigade ermordete er allein am 5. August 1944 in den Warschauer Stadtteilen Ochota und Wola bis zu 15.000 Frauen, Männer und Kinder. Insgesamt wurden zwischen dem ersten und fünften August allein in diesen beiden Stadtteilen schätzungsweise 50.000 Zivilisten Opfer dieser beiden Einheiten. Am 2. Oktober 1944 musste sich die Armia Krajowa den Deutschen ergeben. Mit ein Grund für die Niederlage war, dass Stalin ihnen die erhoffte militärische Unterstützung verweigert hatte. Rund 180.000 Polen, die meisten von ihnen Zivilisten, sind ums Leben gekommen, 60.000 wurden in Konzentrationslager deportiert. Anschließend ordnete Himmler die planmäßige und systematische Zerstörung Warschaus an. Der in Kapitel vierzehn unseres Romans zitierte letzte Funkspruch aus Warschau ist tatsächlich einer der letzten, den die Armia Krajowa im Oktober 1944 nach London absetzte.
Oskar Dirlewanger geriet kurz nach Kriegsende in französische Gefangenschaft. Laut Zeugenaussagen wurde er von ehemaligen polnischen Zwangsarbeitern erkannt und getötet. Heinz Reinefarth machte nach dem Krieg politische Karriere und wurde Bürgermeister von Westerland auf Sylt. Die Staatsanwaltschaft ermittelte in den sechziger Jahren wegen seiner Kriegsverbrechen gegen ihn, was seinen Rückzug aus der Politik zur Folge hatte. Die Ermittlungen wurden jedoch eingestellt und Reinefarth arbeitete als Rechtsanwalt in Westerland, wo er 1979 starb, ohne je für seine Verbrechen belangt worden zu sein.

Der Lebensborn war ein von der SS getragener, staatlich geförderter Verein. Er wurde am 12. Dezember 1935 gegründet, mit dem Ziel, nach den Maßgaben der Rassenhygiene sowie der Gesundheitsideologie des Dritten Reichs die Geburtenzahl sogenannter »arischer« Kinder zu erhöhen. Die Idee des Vereins wurde maßgeblich von Heinrich Himmler getragen, der in einem Rundschreiben an die gesamte SS und Polizei vom 28. Oktober 1939 dazu aufforderte, auch »außerhalb der Ehe« Kinder mit Frauen »guten Blutes« zu zeugen. Dementsprechend fanden nur Frauen, die die ideologischen, gesundheitlichen und rassehygienischen Maßstäbe des Dritten Reichs erfüllten, Aufnahme in einem Lebensbornheim.
Die Zentrale des Lebensborn befand sich in München. Ärztlicher Leiter war Himmlers Leibarzt Gregor Ebner. Der Verein unterhielt mehr als zwanzig Heime im damaligen Deutschen Reich, Österreich, Belgien, Frankreich, Luxemburg und Norwegen, in denen zumeist ledige, schwangere Frauen, Unterkunft, medizinische Versorgung und Verpflegung bis nach der Geburt der Kinder erhielten. Bei unehelich geborenen Kindern wurden diese, falls die Frauen sie nicht selber aufziehen wollten, in Pflegefamilien vermittelt, die der Ideologie des Dritten Reiches treu ergeben waren und z.B. durch Mitgliedschaft in der SS aktiv an seinen Verbrechen mitwirkten.
Daneben war der Lebensborn Durchgangsstation für Kinder, die ihren Eltern oder sonstigen Angehörigen in den besetzten Gebieten, wie z.B. Polen, Norwegen, Belgien oder den Niederlanden geraubt worden waren, falls diese Kinder im Sinne der nationalsozialistischen Rassenideologie als »arisch« galten. Dem planmäßigen Entschluss zum Kindesraub gab Himmler mehrfach Ausdruck, unter anderem in einer Rede vor SS-Gruppenführern in Posen, wo er sagte: »Das, was in den Völkern an gutem Blut unserer Art vorhanden ist, werden wir uns holen, indem wir ihnen, wenn notwendig, die Kinder rauben und sie bei uns großziehen.«
Die einzelnen Stationen dieses Kindesraubs, die Überprüfung der Zugehörigkeit zu einer sogenannten »arischen Rasse« und die Verwischung der Spuren der geraubten Kinder erzählen wir beispielhaft am Schicksal der kleinen Agnieszka Król in unserem Roman. Für polnische Raubkinder waren neben dem Kinderkonzentrationslager Lodz/Litzmannstadt und den Gaukinderheimen in Brochow/Brockau und Kalisz/Kalisch das Lebensbornheim Pommern in Połczyn-Zdrój/ Bad Polzin Durchgangs- und Eindeutschungsstationen.
Gegen Ende des Krieges wurden die Lebensbornheime aufgelöst oder wie das Heim Pommern, im Februar 1945, evakuiert. Dabei wurden die meisten Akten vernichtet, sodass viele sowohl geraubte als auch in den Heimen geborene Kinder ihr Leben lang über ihr Schicksal im Dunkeln blieben. Gleichzeitig war es Angehörigen kaum noch möglich, ihre Kinder wiederzufinden. Die Arolsen Archives (früher: Internationaler Suchdienst ITS, Bad Arolsen), die u.a. die Aufgabe haben, die Schicksale von unter den Nazis Verfolgten zu klären und nach Familienangehörigen zu suchen, unterstützen bei dieser fast aussichtslosen Suche. In den Lebensbornheimen geborene Kinder erfuhren nur von ihrem Schicksal, wenn die leibliche Mutter oder die Pflegefamilie ihnen dieses offenbarten. Aufgrund dieser Umstände ist es nicht möglich, genaue Zahlen über die in den Heimen geborenen oder die geraubten Kinder zu ermitteln. Der Verein Lebensspuren – https://lebensspuren-deutschland.eu/der-lebensborn/ schätzt, dass in den deutschen Heimen zwischen 8000 und 9000 Kinder geboren wurden. Die Zahl der geraubten Kinder lässt sich ebenfalls kaum bestimmen. Die Historikerin Dr. Ines Hopfer nennt allein für Polen Schätzungen zwischen 20.000 und 200.000 geraubten Kindern.
Nach dem Krieg wurde der Lebensborn von der US-Militärgerichtsbarkeit bei den Nürnberger Prozessen fatalerweise als karitativer Verein interpretiert. Nur vier ehemalige leitende Funktionäre standen vor Gericht und wurden alle freigesprochen. Inge Viermetz, die zum sogenannten SS-Gefolge zählte und u. a. für die zwangsweise Verschleppung von dreihundert polnischen Kindern verantwortlich war, wurde als einzige Frau angeklagt. Himmlers Leibarzt Gregor Ebner wurde lediglich für seine SS-Mitgliedschaft zu zwei Jahren und acht Monaten Haft verurteilt, die er bereits während der Untersuchungshaft abgesessen hatte. Danach war er als Praktischer Arzt in Bayern tätig.
Die Gebäude des Lebensbornheims Pommern existieren noch und beherbergen heute das Sanatorium Borkowo.

Maria Pinczewska, die als Kinderpflegerin im Gaukinderheim Kalisz arbeitete, ist eine historische Person. Sie sammelte Daten über die Kinder im Heim und korrespondierte mit den Eltern, wenn dieses möglich war. Außerdem befreite sie einige Kinder zusammen mit dem Tischler Stanislaw Kulczyński. Marias Heft mit den Namen und Adressen der Kinder sowie einige Briefe werden im Stadtarchiv von Kalisz aufbewahrt. Zygmunt Światłowski und Tereza Wojtek waren zwei der geraubten Kinder im Heim Kalisz. Der im Buch geschilderte Vorfall hat sich wirklich ereignet. Es gab jedoch keine Zeugen, als die Heimleiterin Johanna Zander Zygmunt in den Keller schleppte. Aus dem blau angelaufenen Zustand seiner später gefundenen Leiche wurde gefolgert, dass die Heimleiterin ihn in eine offene Stromleitung gestoßen habe. Zygmunts Grab befindet sich auf dem Militärfriedhof Majków in Kalisz.
Norbert Schwab, der Leiter des Heims Pommern ist ebenfalls eine historische Figur. Was aus ihm nach dem Krieg wurde, konnten wir nicht in Erfahrung bringen.